Das Bundeskartellamt hat einen Fallbericht über die Untersagung der geplanten gemeinsamen Video-on-Demand-Plattform (VoD-Plattform) von ARD und ZDF veröffentlicht. Die Entscheidung datiert bereits vom 18. Februar 2014.

Der Fallbericht enthält einige interessante Aspekte: zum Thema Doppelkontrolle von Gemeinschaftsunternehmen, der Marktabgrenzung bei VoD-Diensten sowie der Spürbarkeit einer Wettbewerbsbeschränkung bei gebührenfinanzierten Marktteilnehmern.

Doppelkontrolle von Gemeinschaftsunternehmen.

Der deutschen Kartellrechtsdogmatik entsprechend prüft das Bundeskartellamt das angemeldete Gemeinschaftsunternehmen nicht nur anhand der Fusionskontrolle, sondern auch am Kartellverbot aus § 1 GWB. Einen Verstoß gegen § 1 GWB sieht das Amt insbesondere im Entfallen des wechselseitigen Konkurrenzverhältnisses zwischen ARD und ZDF. Denn es ist davon auszugehen, dass ARD und ZDF ohne das Gemeinschaftsunternehmen den Markt für VoD-Dienste jeweils eigenständig betreten würden (kontrafaktische Prüfung). Dies ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH zu kartellrechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmen in Sachen Ost-Fleisch und Nord-KS konsequent. Denn wenn ein Gemeinschaftsunternehmen bereits aufgrund der zu erwartenden wettbewerbsdämpfenden Wirkung auf das Konkurrenzverhalten der bereits aktiven Muttergesellschaften eine Wettbewerbsbeschränkung nach § 1 GWB darstellen soll, muss dies erst recht gelten, wenn das Gemeinschaftsunternehmen bereits den (wahrscheinlichen) Marktzutritt der Muttergesellschaften verhindert.

Marktabgrenzung bei VoD.

Sachlich grenzt das Bundeskartellamt den Markt für VoD-Dienste als selbstständigen Markt ab. Insbesondere sei das lineare TV-Programm aus Nachfragersicht nicht austauschbar. Von rein werbefinanzierten Angeboten gehe nur Substitutionswettbewerb aus, da deren Programm nur Inhalte umfasse, die am Ende der Verwertungskette der Filmwirtschaft stehe und daher weniger attraktiv für Nachfrager sei. In räumlicher Hinsicht ist weiterhin von nationalen Märkten auszugehen. Hier bleibt abzuwarten, ob es in Zukunft zu Konvergenzen kommt. Multinationale Anbieter wie Netflix könnten ein Zusammenwachsen der Markträume herbeiführen.

Spürbarkeit bei gebührenfinanzierten Marktteilnehmern.

Das Bundeskartellamt erwähnt, dass es bei Wettbewerbsbeschränkungen durch kommerzielle Tochtergesellschaften der gebührenfinanzierte Marktteilnehmer grundsätzlich von einer Spürbarkeit ausgehen will, weil bereits der Herstellung der Inhalte durch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten eine wettbewerbsverzerrende Wirkung inne wohne.

Das Bundeskartellamt hat als geeignete Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen, lediglich eine gemeinsame technische Plattform zu schaffen, mit unabhängigem Vertrieb und Preismodell. Zudem sollten sich die Parteien verpflichten die gebührenfinanzierten Produktionen alternativen Plattformen diskriminierungsfrei zugänglich zu machen. Das Vorhaben wurde vor diesem Hintergrund nicht weiter verfolgt.


Dr. Kim Manuel Künstner berät Unternehmen in allen Fragen des Kartellrechts.