- Verfehlung muss nicht gerichtlich abschließend geklärt sein!

Die 1. Vergabekammer des Bundes hat mit einem jüngst veröffentlichten Beschluss vom 27. Dezember 2017 entschieden, dass zu Recht ein Bieter nach § 124 Nr. 7 GWB ausgeschlossen werden kann, wenn dieser eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung geführt hat. Die Vorschrift setzt daneben gleichberechtigt als alternative Merkmale, dass diese Verfehlung zu Schadenersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge – wie zu Beendigung oder Schadenersatz – geführt hat.

Konkretisierend hält die Vergabekammer fest, dass es für eine solche Verfehlung nicht einer abschließenden (gerichtlichen) Klärung bedarf, ob der Bieter seinen Leistungspflichten nur mangelhaft nachgekommen ist. Es genüge vielmehr, wenn der öffentliche Auftraggeber Indiztatsachen vorbringt, die von einigem Gewicht sind, auf gesicherten Erkenntnissen aus seriösen Quellen basieren und die die Entscheidung zum Ausschluss nachvollziehbar erscheinen lassen. Die Entscheidung schließt sich damit inhaltlich an eine des OLG Celle vom 9. Januar 2017 an. Eine ähnliche Regelung sieht auch § 16 Abs. 2 Nr. 3 VOB/A vor. Die Entscheidung der Vergabekammer des Bundes geht freilich darüber hinaus und betrifft (i) jegliche Auftragsarten, also auch auf Lieferung und Dienstleistung, sowie (ii) Konzessionen, weil § 154 Nr. 2 GWB auch auf § 124 Nr. 7 GWB verweist. Damit wird ggf. das zivile Mängelgewährleistungsrecht vergaberelevant; es genügt aber nicht schon jede Mängelrüge, um in die Gefahr eines Ausschlusses zu geraten. Die Vergabekammer stellt sich zunächst dem Kriterium des Schwelle – die Verfehlung muss gravierend sein, dass sie zur Beendigung führen könnte. Das allerdings muss nicht rechtskräftig festgestellt sein, die Vergabekammer lässt Indiztatsachen zu, ohne dass ein Gericht abschließend gesprochen haben muss. Sie müssen aber „von einigem Gewicht“ sein und aus „gesicherten Erkenntnissen“ aus „seriösen Quellen“ basieren. Die Vergabekammer entnahm diese Erkenntnisse im entschiedenen Fall verschiedenen gutachterlichen Stellungnahmen, die im (selbständigen Beweis-) Verfahren (über die Beendigung des voran gegangenen Auftrags) vorgelegt worden waren.


Christoph Just berät Unternehmen in allen Fragen des öffentlichen Wirtschafts- und Vergaberechts.