Auch Teil 2 des Kartellrecht Newsflashs heute wesentlich von und mit unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter, Herrn Dominik Radzivilovskij.


Darauf ein kühles Carlsberg…

…mögen sich die Kollegen gedacht haben, als das OLG Düsseldorf die verhängte Geldbuße von EUR 62 Millionen gegen den Bierbrauer Carlsberg aufhob. Letzteres meldet JUVE.

Unter Kartellrechtsanwälten ist der Hinweis auf die erheblichen Risiken, die von einem Vorgehen gegen die vom Bundeskartellamt verhängten Bußgelder ausgehen, so häufig wie unbeliebt. Da das OLG Düsseldorf und das Bundeskartellamt die Bußgeldgrenzen unterschiedlich abgesteckt haben, droht regelmäßig eine erhebliche Erhöhung durch das Gericht. Der Fall Carlsberg zeigt allerdings, dass sich eine gewisse Risikobereitschaft auch im Kartellbußgeldrecht durchaus auszahlen kann. Gewissheit darüber, warum der Fall ein Gewinner war werden allerdings erst die Urteilsgründe bringen.

Fazit: Ein gerichtliches Vorgehen gegen Bußgeldbescheide ist nicht risikolos. Es handelt sich allerdings auch um eine wirtschaftliche Entscheidung. Häufig kann ein Bußgeld trotz der bestehenden Risiken vermieden werden. In dem nun entschiedenen Fall hat sich Risikobereitschaft insofern millionenschwer ausgezahlt.


Wissen ist (Markt-)Macht? – Kein Lizenzkauf von „National Geographic“ durch Gruner + Jahr.

Das Verlagshaus Gruner + Jahr hat Ende Januar 2019 seine Anmeldung des Erwerbs der deutschsprachigen Lizenz der Zeitschrift „National Geographic“ zurückgenommen. Zuvor hatte das Bundeskartellamt dem Unternehmen seine wettbewerblichen Bedenken gegen das Vorhaben mitgeteilt.

Gruner + Jahr ist Verleger des wohl erfolgreichsten deutschsprachigen Wissensmagazins „GEO“. Das Verlagshaus war zuvor bereits Inhaber der Lizenz. Da diese zeitlich befristet war, musste Gruner + Jahr nach Fristablauf ein neues Angebot für den Weiterbestand der Lizenz unterbreiten.

Das Bundeskartellamt betreute den Vorgang fusionskontrollrechtlich und äußerte erhebliche Zweifel an einem erneuten Kauf der Lizenz. Der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt betonte:

Nach unserer vorläufigen Einschätzung hätte der erneute Kauf der Lizenz durch Gruner + Jahr den Wettbewerb bei Wissensmagazinen erheblich beeinträchtigt. National Geographic und GEO sind auf diesem Markt in Deutschland führend und die beiden engsten Wettbewerber“.

„National Geographic“ ist kein seltener Gast beim Bundeskartellamt. Aufsehenerregend war bereits die fusionskontrollrechtliche Entscheidung des BGH im Jahre 2006 zum Lizenzerwerb als Zusammenschluss im Sinne des GWB.

Fazit: Angesichts der Digitalisierung und dem damit einhergehenden Nachfragerückgang für Printmedien, könnten solche Fälle das Bundeskartellamt in Zukunft häufiger beschäftigen. Ein Nachfragerückgang ruft bisweilen eine gewisse Sehnsucht nach externem Wachstum hervor. Gerade in Fällen in denen die zwei größten Wettbewerber vereint werden sollen, ist die Hürde für eine Rechtfertigung jedoch regelmäßig besonders hoch.


Und täglich grüßt das LKW-Kartell (?).

Um das LKW-Kartell, das monatelang die kartellrechtliche Berichterstattung beherrscht hat, ist es still geworden. Der BGH hatte mit einem Paukenschlag in Sachen Schienenkartell II der Diskussion wieder Schwung gegeben. Das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, 23.01.2019 - U (Kart) 18/17) sah die Sache jedoch ganz anders als der BGH und hatte ihm sogleich in zentralen Fragen offen die Gefolgschaft verweigert.

An den Landgerichten hat sich indes weitgehend Ruhe eingestellt. Sie machen aus der Not der vom BGH geschaffenen Unsicherheit offenbar eine Tugend und ziehen sich auf das sichere Land zurück („der Anscheinsbeweis ist (vielleicht) tot, (aber) es lebe die tatsächliche Vermutung“). Die Erwartung (teils Hoffnung, teils Befürchtung), nun werde möglicherweise eine umfassende Darlegung und gegebenenfalls weitreichende Beweiserhebung bei Follow-on-Klagen nötig werden, hat sich bisher nicht bestätigt.

Fazit: An der Attraktivität von Kartellschadensersatzklagen hat sich nicht viel geändert. Im Stärkeverhältnis von Klägern und Beklagten haben sich, trotz der Eskalation zentraler Rechtsfragen, insgesamt nur geringfügige Verschiebungen ergeben. Der Prozess, erforderliche Genauigkeit im Rahmen des Zivilprozesses mit Handhabbarkeit und Effizienz der Durchsetzung einerseits und Detailgenauigkeit und Parteimaxime andererseits auszutarieren, läuft also weiter. Die Verwendung der Adjektive „klägerfreundlich“ oder „beklagtenfreundlich“ erscheint insgesamt eher vorschnell.