Das aktuelle Infektionsgeschehen zeigt, dass Reiserückkehrer einen nicht unerheblichen Anteil der Neuinfektionen bilden, gerade auch bei Urlauben in Risikogebieten. Hier sind auch für Unternehmen Maßnahmen erforderlich – und das Wissen, wie mit den verschiedenen Konstellationen umgegangen werden muss:

Reiserückkehrer aus Risikogebieten müssen sich grundsätzlich in vierzehntätige Quarantäne begeben, außer sie können ein negatives Testergebnis vorweisen. Der aktuelle Stand der Planung sieht nun vor, dass sich jeder erst einmal fünf Tage in Quarantäne begeben muss, bevor überhaupt getestet wird. Dies soll ab Oktober 2020 gelten.

Grundsatz.

Wenn eine Tätigkeit im Homeoffice möglich ist, kann diese Möglichkeit genutzt werden. Ist das jedoch nicht möglich, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber dennoch Gehalt zahlen muss – oder nicht. Hier wird es in der Regel bei dem Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“ bleiben.

Schließlich hat der Arbeitnehmer in Kenntnis einer dann anstehenden Quarantäne selbst entschieden, in ein Risikogebiet zu fahren. Es kann sich sogar die Frage stellen, ob weitere arbeitsrechtliche Sanktionen umgesetzt werden, wenn ein Arbeitnehmer bewusst in ein solches Risikogebiet reist und dadurch eine Quarantäne zur Befreiung von der Arbeit missbraucht.

Keine Fortzahlung in Quarantäne.

In den Fällen der bewussten Reise in ein zuvor als solches eingestuftes Risikogebiet und einer nachfolgenden Quarantäne scheidet eine Fortzahlung des Gehalts nach § 616 BGB aus. Der Arbeitgeber hat die „vorübergehender Verhinderung“ schuldhaft selbst herbeigeführt.

Darüber kommt in diesen Situationen auch eine Entschädigungszahlung in Höhe des Gehalts nach § 56 Infektionsschutzgesetz („IfSG“) nicht in Betracht.

Viele Behörden sind zu recht bei bewussten Einreisen in Risikogebiete skeptisch, ob ein solcher Entschädigungsanspruch tatsächlich besteht. Denn ein Anspruch nach § 56 Abs. 1 S. 3 IfSG besteht dann nicht, wenn die „Absonderung“ (sprich: Quarantäne) hätte vermieden werden können.

Am 27. August 2020 hat die Bundesregierung bekannt gegeben, dass sie diese Einschätzung der Ämter klarer im § 56 IfSG einbringen will. Demnach soll bei vermeidbaren und bewussten Reisen in vor Reiseantritt als Risikogebiet ausgewiesene Gegenden eine Entschädigung nicht gezahlt werden.

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Sollte der Test tatsächlich eine Erkrankung ergeben, scheidet auch ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz wegen des Verschuldens des Arbeitnehmers aus. Denn bei Erkrankung hat sich die Gefahr der Ansteckung im Risikogebiet, die der Arbeitnehmer bei Reiseantritt billigend in Kauf genommen hat, realisiert.

Anders liegt der Fall nur, wenn das Urlaubsziel erst im Laufe der Reise zum Risikogebiet geworden ist. Denn dann kann dem Arbeitnehmer nur schwerlich vorgeworfen werden, er habe sich „bewusst“ dem Risiko ausgesetzt.

To-dos für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Für die Handhabe der Auszahlungen nach Reiserückkehr sowie für die Planung des eigenen Urlaubs durch Arbeitnehmer ist es wichtig, die jeweilige Rechtslage und die aktuellen Infektionszahlen im Blick zu haben. Eine Übersicht über die aktuellen Risikogebiete bietet die Homepage des RKI (Stand 26.8.2020, 18:00 Uhr). Hier ist auf regelmäßige Updates zu achten.

Wesentlich ist es auch, die im jeweiligen Bundesland geltenden Corona-Verordnungen (für Hessen, Stand 15. August 2020) und deren Änderungen zu kennen – insbesonders im Hinblick auf die Dauer der Quarantäne und der Möglichkeit, diese durch Tests abzukürzen.

Arbeitsgeber müssen bei der Bewertung des jeweiligen Einzelfalls auch im Blick haben, ob das Urlaubsziel erst im Laufe der Reise zum Risikogebiet geworden ist oder ob es schon vor Beginn der Reise als solches eingestuft war. Denn im erstgenannten Fall kann dem Arbeitnehmer nur schwerlich vorgeworfen werden, er habe sich „bewusst“ dem Risiko ausgesetzt, sodass Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber oder auch die zuständigen Gesundheitsämter entstehen könnten.


Weitere Informationen zur Auswirkung des Virus auf die arbeitsrechtliche Welt, finden Sie auf dieser eigens dafür angelegten Seite von SCHULTE RECHTSANWÄLTE.


Markus Söding ist im Arbeitsrechtsressort unserer Sozietät tätig. Er berät national sowie international tätige Unternehmen in allen Fragestellung des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, inklusive angrenzender Rechtsgebiete, wie denen des Sozialrechts.