Die Corona-Virus-Pandemie hat massive Auswirkungen auf das öffentliche Leben und die Wirtschaft. Großveranstaltungen und Messen werden abgesagt, Reisetätigkeit bricht ein, damit auch Logistik, Handel, Gastronomie und Tourismus. Die Auslandsnachfrage geht zurück, aber auch die hiesige Produktion wird gestört, weil international vernetzte Lieferketten unterbrochen werden.

1. Europarechtliche Lockerungen für mitgliedstaatliche Beihilfegewährung

Der Beihilfenbegriff des Europarechts ist funktional und recht weit. Er erfasst direkte wie indirekte Leistungen, nicht nur Direktzahlungen wie etwa Darlehen, sondern auch Sicherheiten wie Bürgschaften. Um nationale Hilfestellungen zu erleichtern, hat die Kommission die Praxis der Beihilfengewährung erleichtert:

2. Leistungen der Bundesregierung – „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“

Die Bundesregierung hat das aufgegriffen und ein „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“ genanntes Maßnahmenpaket beschlossen. Der Schutzschild soll dazu beitragen, Schwierigkeiten von Unternehmen abzumildern, die aufgrund nachlassender Nachfrage oder unterbrochener Lieferketten entstandene Umsatzeinbrüche entstanden sind. Das Maßnahmenpaket umfasst:

  • KfW-Unternehmerkredite / ERP-Gründerkredite-Universell:

    Die Programme richten sich für Bestandsunternehmen (KfW-Unternehmerkredit) bzw. junge Unternehmen unter 5 Jahre (ERP-Gründerkredite-Universell). Es werden Betriebsmittelkredite erhöht und die Instrumente auch für Großunternehmen mit einem Umsatz von bis zu EUR 2,0 Milliarden geöffnet (vorher: EUR 500 Millionen). Die höhere Risikoübernahme in Höhe von bis zu 80 % für Betriebsmittelkredite bis EUR 200 Millionen soll die Bereitschaft von Hausbanken für eine Kreditvergabe anregen.

  • KfW Kredit für Wachstum

    Das Instrument wird umgewandelt: Das Programm stand für größere Unternehmen offen und die bisherige Umsatzgrenze von EUR 2 Milliarden wird auf EUR 5 Milliarden erhöht. Der Kredit wird umgewandelt und künftig für Vorhaben im Wege einer Konsortialfinanzierung ohne Beschränkung auf einen bestimmten Bereich (bisher: nur Innovation und Digitalisierung) zur Verfügung gestellt. Dies bisherige Risikoübernahme von 50 % wird auf bis zu 70 % erhöht. Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als EUR 5 Milliarden erhalten wie bislang eine Unterstützung nach Einzelfallprüfung.

  • Die Bürgschaftsbanken verdoppeln den Bürgschaftshöchstbetrag auf EUR 2,5 Mio. Bürgschaftsentscheidungen können eigenständig und binnen drei Tagen bis zur Höhe von EUR 250.000 getroffen werden. Die Obergrenze von 35 % Betriebsmitteln am Gesamtobligo der Bürgschaftsbanken wird auf 50 % erhöht.
  • Großbürgschaftsprogramm (parallele Bund-Länder–Bürgschaften):

    Das bislang auf Unternehmen in strukturschwachen Regionen beschränkte Programm wird für Unternehmen außerhalb dieser Regionen geöffnet. Die Bürgschaftsquote erreicht bis zu 80 %. Der Bund ermöglicht die Absicherung von Betriebsmittelfinanzierungen und Investitionen ab einem Bürgschaftsbedarf von EUR 50 Millionen.

  • Zusätzliche Sonderprogramme bei der KfW:

    Für Unternehmen, die krisenbedingt durch die Corona-Pandemie in ernsthaftere Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind und nicht ohne Weiteres Zugang zu den bestehenden Förderprogrammen haben, können zusätzliche KfW-Sonderprogramme nutzen. Die Bundesregierung nutzt einen Garantierahmen von rund EUR 460 Milliarden, um für derartige Programme Risikoübernahmen bei Investitionsmitteln (Haftungsfreistellungen) deutlich zu verbessern und Betriebsmittel bis zu 80 %, bei Investitionen bis zu 90 % zu übernehmen.

    Achtung: Derartige Sonderprogramme stehen nicht zur Verfügung, wenn die Liquiditätsengpässe allgemeiner T? und nicht durch die Corona-Pandemie verursacht sind.

3. Insolvenzrechtliche Lockerungen

Nach § 15a InsO besteht die gesetzliche Pflicht, nach Vorliegen von Insolvenzgründen binnen 3 Wochen, Insolvenzantrag zu stellen. Dies soll nach Pressemitteilung vom 16.03.2020 gesetzlich gelockert werden und für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Achtung: Die Antragspflicht soll erst noch gelockert werden, besteht derzeit aber noch in der bisher geltenden Form.

4. Steuerliche Liquiditätshilfe für Unternehmen

Unternehmen werden steuerlich entlastet, da die Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen, zur Senkung von Vorauszahlungen und im Bereich der Vollstreckung verbessert werden. Im Einzelnen betrifft dies:

  • Die Gewährung von Stundungen wird erleichtert

    Die Finanzbehörden können Steuern stunden, wenn die Einziehung eine erheblichen Härte darstellen würde. Die Anforderungen sollen nicht streng gehandhabt werden.

  • Die Vorauszahlungen können leichter angepasst werden. Die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen soll unkompliziert und schnell erfolgen.
  • Auf Vollstreckungsmaßnahmen, z. B. Kontopfändungen bzw. Säumniszuschläge bis zum 31.12.2020 wird verzichtet, solange der Schuldner einer fälligen Steuerzahlung unmittelbar von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen ist.

    Steuern, die von der Zollverwaltung verwaltet werden, z. B. Energiesteuer und Luftverkehrssteuer, sollen in entsprechender Art und Weise entgegenkommend von der zuständigen Zollverwaltung verwaltet werden. Vergleichbares gilt für das Bundeszentralamt für Steuern und ihre Zuständigkeit für Versicherungssteuern und Umsatzsteuern.

5. Flexibilisierung des Kurzarbeitergeldes

Bis Anfang April 2020 wird die Kurzarbeiterregelung zielgerichtet angepasst. Dabei werden erleichterte Zugangsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld eingeführt:

  • Absenkung des Quorums, der vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten im Betrieb auf bis zu 10 %,
  • Teilweiser oder vollständiger Verzicht auf Aufbau negativer Arbeitszeitsalden,
  • Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeitnehmer,
  • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit.

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Christoph Just berät Unternehmen in allen Fragen des öffentlichen Wirtschafts- und Vergaberechts.