1. Schlüssiger Vertragsschluss: Im Recht der Energieversorgung ist teilweise strittig gewesen, mit wem ein Versorgungsvertrag zustande kommt, wenn kein ausdrücklicher und schriftlicher Vertrag geschlossen wird, sondern eine Bezugsstelle beliefert wird. Das Interesse der Energieversorger geht regelmäßig dahin, den Hauseigentümer als Vertragspartner zu haben, aufgrund größerer Stetigkeit und Solvenz.

    Der Bundesgerichtshof hat in einer jüngeren Entscheidung (VIII ZR 165/18) seine Rechtsprechung hierzu bestätigt und vertieft. Danach ist wie auch im sonstigen Wirtschaftsleben ein Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten möglich. Das könnte in der Belieferung und Abnahme von Strom begründet sein. Wird der Stromverbraucher bei einer in einem Mehrparteienhaus gelegenen und vermieteten Wohnung über einen Zähler erfasst, der ausschließlich dieser Wohnung zugeordnet ist, richtet sich die in der Bereitstellung von stromliegende Realofferte des Versorgungsunternehmers regelmäßig nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter, welcher durch die seinerseits erfolgte Stromentnahme das Angebot schlüssig annimmt.

  2. Ausschreibung von Netzkonzessionen: Im Energiewirtschaftsrecht werden Konzessionen nach § 46 Abs. 1 EnWG für den Betrieb von Energieversorgungsnetzen in wettbewerblichen Verfahren ausgeschrieben. Im „allgemeinen“ Vergaberecht nach dem 4. Buch des GWB (sogenanntes „Kartellvergaberecht“) besteht der Grundsatz, dass zur Fehlerbehebung in einem Nachprüfungsverfahren die Ausschreibung in den Zustand zurückversetzt wird, der zum Zeitpunkt des Auftretens des Vergabeverfahrensfehlers bestand.

    In einer jüngeren Entscheidung hat das Oberlandesgericht Celle (13 U 41/19 (Kart)) nun entschieden, dass derartige Grundsätze des Kartellvergaberechts auch auf das Auswahlverfahrens zum Abschluss eines Wegenutzungsvertrages nach § 46 ff. EnWG übertragen werden können. Allerdings urteilte das OLG Celle auch, dass selbst eine Unklarheit der Vergabeunterlagen im Einzelfall nur einen unerheblichen Fehler darstellen und die Rückversetzung nicht rechtfertigen kann, wenn die Unklarheit für jeden Bieter offensichtlich war und als solche hätte gerügt werden können. Für den angreifenden, im Verfahren unterlegenden Bieter bedeutet das, dass nicht schon ein gefundener Fehler der Schlüssel zum (Rechtsbehelfs-) Erfolg ist. Der Fehler muss im konkreten Fall qualitativ bewertet werden und erst ab einer gewissen Erheblichkeit scheint der Fehler für einen Rechtsbehelf nutzbar zu werden. Während diese Grenze über § 161 Abs. 3 GWB noch zeitlich ergänzt wird, scheint das OLG Celle rein die Erheblichkeit des Fehlers in den Vordergrund zu stellen. Außerdem scheint die Schwelle doch sehr niedrig, da es augenscheinlich um Fälle geht, die so offenkundig sind, dass sie jedem Bieter hätten auffallen müssen.


chj klein.jpg
Christoph Just berät Unternehmen in allen Fragen des öffentlichen Wirtschafts- und Vergaberechts.