Viele Unternehmen lassen ihn einfach stehen: Den Verweis auf die europäische Online-Streitbeilegungsplattform, oft versteckt am Ende der AGB, im Impressum oder in E-Mail-Fußzeilen. Ein kleiner Satz, ein alter Link, was soll daran schon problematisch sein?

Mehr, als man denkt. Denn seit dem 20. Juli 2025 ist die OS-Plattform endgültig abgeschaltet. Wer sie weiterhin aufführt, handelt nicht nur gegenstandslos, sondern riskiert rechtliche Konsequenzen, von Abmahnungen bis zur Unwirksamkeit ganzer AGB-Klauseln.

Was war die OS-Plattform und warum wurde sie abgeschaltet?

Die Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) wurde 2019 von der Europäischen Kommission eingerichtet, um Verbrauchern und Unternehmen eine außergerichtliche Klärung von Streitigkeiten aus Online-Kaufverträgen zu ermöglichen. Ihre gesetzliche Grundlage war die Verordnung (EU) NR. 524/2013.

Bereits zum 20. März 2025 wurde die Plattform für neue Beschwerden geschlossen. Seit dem 20. Juli 2025 ist sie nun vollständig abgeschaltet. Mit der Aufhebung der zugrunde liegenden Verordnung durch die Verordnung (EU) 2024/3228 entfällt auch jede Pflicht auf die OS-Plattform hinzuweisen.

Was passiert, wenn der Hinweis trotzdem bleibt?

1. Irreführung iSd. § 5 UWG

Ein Verweis auf ein nicht mehr existierendes Streitbeilegungsverfahren ist mehr als nur veraltet. Er kann eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung darstellen. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG schützt Verbraucher unter anderem vor falschen Angaben zur „Verfügbarkeit von Kundendiensten oder Beschwerdemechanismen“.

Wer weiterhin den Eindruck erweckt, Verbraucher könnten sich über die OS-Plattform beschweren, täuscht über einen tatsächlich nicht mehr verfügbaren Rechtsbehelf. Das ist eine unzulässige geschäftliche Handlung und damit abmahnfähig.

2. Intransparenz nach § 307 Abs.1 S. 2 BGB

Auch AGB-rechtlich ist der Passus problematisch. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB müssen Vertragsklauseln klar und verständlich sein. Ein Verweis auf ein nicht mehr existierendes Verfahren ist weder informativ noch hilfreich, sondern schlicht irreführend.

Die Klausel vermittelt einen rechtlichen Zustand, den es nicht mehr gibt und verstellt unter Umständen sogar den Blick auf tatsächlich bestehende Rechte oder Verfahren. Die Folge: Unwirksamkeit der Klausel, mit potenziellen Auswirkungen auf die Gesamtkonstruktion der AGB.

Abschließende Empfehlung: Jetzt rechtssicher aktualisieren

Ein vermeintlich harmloser Hinweis auf die OS-Plattform kann juristisch zum Problem werden, sei es wegen Irreführung iSd. des § 5 UWG oder wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB. Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Rechtstexte jetzt kritisch zu überprüfen.

Konkret bedeutet das: Hinweise auf die OS-Plattform sollten konsequent und vollständig aus AGB, Impressum, automatisierten E-Mails sowie Plattformprofilen entfernt werden, idealerweise ersatzlos.

Die allgemeine Informationspflicht zur alternativen Streitbeilegung nach dem VSBG bleibt hiervon unberührt und sollte weiterhin erfüllt werden.

Wer diesen Schritt jetzt umsetzt, verhindert unnötige Risiken und stellt sicher, dass die eigenen Rechtstexte weiterhin den aktuellen gesetzlichen Anforderungen genügen. Klar, verständlich und rechtssicher. Wer hingegen untätig bleibt, riskiert nicht nur wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, sondern auch die Unwirksamkeit einzelner AGB-Klauseln sowie mögliche Verstöße gegen verbraucherschützende Informationspflichten, mit entsprechendem Haftungs- und Reputationspotenzial.


Dr. Christoph Peter ist geschäftsführender Partner unserer Kanzlei und berät Unternehmen in allen Bereichen des Kartellrechts. Schwerpunkte seiner Beratung sind unter anderem die Koordination von multijurisdiktionalen Unternehmenszusammenschlüssen, die Beratung von Unternehmenskooperationen und Verbänden, und die Vertretung von Unternehmen in Bußgeldverfahren vor dem Bundeskartellamt, der EU Kommission und EuG / EuGH.

Chaymaa Berkia ist im Kartellrechtsressort unserer Kanzlei tätig. Sie berät nationale und internationale Mandanten in allen Fragen des deutschen und europäischen Kartell- und Wettbewerbsrechts.