In seinem Blogbeitrag gab Dr. Kim Manuel Künstner einen ersten Überblick über die wesentlichen Inhalte des Richtlinienentwurfs der EU für ein Lieferkettengesetz. Im folgenden Beitrag beleuchtet Dr. Christoph Peter die Besonderheiten des Richtlinienentwurfes im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Finanzsektor.

Persönlicher Anwendungsbereich – keine Branchen mit starken Auswirkungen.

Im Ausgangspunkt gilt die Richtlinie auch für Unternehmen des Finanzsektors. Die Kommission zählt den Finanzsektor jedoch – anders als Textil-, Lebensmittel- und Rohstoffmärkte – nicht zu den „Branchen mit starken Auswirkungen“. Die niedrigeren Umsatz- (EUR 40 Mio. statt EUR 150 Mio.) und Mitarbeiter-Schwellenwerte (250 Mitarbeiter statt 500 Mitarbeiter) für Branchen mit starken Auswirkungen gelten daher nicht für den Finanzsektor. Umgekehrt müssen regulierte Finanzdienstleister keiner bestimmten Rechtsform entsprechen, um als Unternehmen im Sinne des Richtlinienentwurfs zu gelten (Art. 3 (a) (iv) RiLi-E).

Keine Pflicht zur fortlaufenden Prüfung der Sorgfaltspflichten.

Die Due Diligence beschränkt sich bei regulierten Finanzdienstleistern auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Art. 6 Nr. 3 RiLi-E), soweit es um die Gewährung von Krediten, Darlehen oder anderen Finanzdienstleistungen geht. Finanzdienstleister sind also im Gegensatz zu allen anderen Unternehmen nicht über die Dauer der Geschäftsbeziehung hinweg zur Risikoüberprüfung verpflichtet. So sind Kreditinstitute beispielsweise nicht gesetzlich verpflichtet, die Einhaltung von Menschenrechten nach der Kreditvergabe zu kontrollieren.

Sorgfaltspflicht erstreckt sich nicht auf Wertschöpfungskette.

Die nicht nur die zeitliche, sondern auch die persönliche Reichweite der Sorgfaltspflichten wird bei regulierten Finanzdienstleistern eingeschränkt und soll sich lediglich auf direkte Kunden und deren Tochtergesellschaften beziehen, die mit den Finanzdienstleistungen unmittelbar in Berührung kommen. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen nicht als Teil der Wertschöpfungskette betrachtet werden (Art. 3 (g) RiLi-E).

Ausnahme von der Pflicht zur Vertragsbeendigung.

Als Gegenausnahme von der gegebenenfalls notwendigen Beendigung einer laufenden Geschäftsbeziehung im Falle (potentiell) erheblicher Nachteile für Menschrechte oder Umwelt, werden regulierte Finanzdienstleister von der Verpflichtung einen Vertrag über einen Kredit, ein Darlehen oder sonstige Finanzdienstleistungen zu beenden, entbunden, sofern die Vertragsbeendigung für das die Finanzdienstleistung empfangende Unternehmen den Eintritt eines erheblichen Schadens erwarten lässt (Art. 7 Abs. 6, Art. 8 Abs. 7 RiLi-E).

Optionale Zuständigkeit der BaFin.

Nach Art. 17 Abs. 1 RiLi-E müssen die Mitgliedstaaten mindestens eine Aufsichtsbehörde zur Überwachung und Durchsetzung der Richtlinie benennen. Nach Art. 17 Abs. 5 RiLi-E kann diese Aufsicht im Bereich der Finanzunternehmen auch an die zuständigen Aufsichtsbehörden für regulierte Finanzdienstleistungen übertragen werden, d.h. in Deutschland beispielsweise an die BaFin.

Fazit.

Hinsichtlich der persönlichen Reichweite erfasst der Richtlinien-Entwurf auch regulierte Finanzdienstleister, die keiner bestimmten Rechtsform entsprechen. Im Gegenzug werden sämtliche regulierte Finanzdienstleister gegenüber Unternehmen aus anderen Branchen nicht unerheblich privilegiert, insbesondere durch die zeitliche Beschränkung der Sorgfaltspflicht auf den Vertragsschluss und die persönliche Beschränkung auf die die direkten Geschäftspartner und deren Konzernunternehmen. Gleichwohl kommt auch auf die Finanzunternehmen ein erheblicher Mehraufwand bei der Prüfung der Sorgfaltspflichten zu, wenn der Richtlinien-Entwurf in dieser Form von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.


Dr. Christoph Peter ist geschäftsführender Partner unserer Kanzlei und berät Unternehmen in allen Bereichen des Kartellrechts. Schwerpunkte seiner Beratung sind unter anderem die Koordination von multijurisdiktionalen Unternehmenszusammenschlüssen, die Beratung von Unternehmenskooperationen und Verbänden, und die Vertretung von Unternehmen in Bußgeldverfahren vor dem Bundeskartellamt, der EU Kommission und EuG / EuGH.