Durch eine Eintragung ins Wettbewerbsregister können insbesondere Unternehmen in Bedrängnis kommen, die wirtschaftlich von der öffentlichen Hand und ihrer Vergabepraxis abhängig sind. Verstößt ein Unternehmen gegen einen der katalogisierten Tatbestände des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts, insbesondere des Kartellrechts, wird der Verstoß im Wettbewerbsregister eingetragen. Dies wird regelmäßig zu einem Ausschluss von Vergabeverfahren führen. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, welche Pflichten und Rechte ein öffentlicher Auftraggeber hinsichtlich der Abfrage vergaberelevanter Informationen hat. Nach dem dritten Blogbeitrag zur Eintragung ausländischer Entscheidungen befasst sich dieser vierte Blogbeitrag also mit dem Thema der Abfragepflicht bzw. des Abfragerechts.

Bisher erschienene Teile aus dieser Reihe:

Abfragepflicht und Abfragerecht.

In Bezug auf die Verpflichtung eines öffentlichen Auftraggebers zur Einsichtnahme in das Wettbewerbsregistergesetz könnte man annehmen, dass eine Abfragepflicht nur besteht, soweit die hohen Schwellenwerte des Vergaberechts erfüllt sind. Dies würde zum einen Bagatellaufträge von dem scharfen Schwert eines Registereintrags befreien. Zum anderen würde eine Abfragepflicht erst bei höheren Auftragswerten dem Schutz des Mittelstandes dienen, der nach § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB immerhin zu den Vergabegrundsätzen gehört.

Der Gesetzgeber hat sich in § 6 Abs. 1 WRegG für eine andere Lösung entschieden. Danach besteht für öffentliche Auftraggeber (§ 99 GWB) bereits ab einem Auftragsvolumen von EUR 30.000 (netto) vor der Erteilung eines Zuschlags eine Abfragepflicht. Unterhalb dieser Schwelle besteht für öffentliche Auftraggeber hingegen lediglich ein Abfragerecht. Sonderregelungen bestehen für Sektorenauftraggeber (§ 100 GWB) und Konzessionsgeber (§ 101 GWB). Für diese gilt die Abfragepflicht erst ab Erreichen der Schwellenwerte des § 106 GWB.

Zu beachten ist weiterhin, dass sich die Prüfungsmöglichkeiten eines öffentlichen Auftraggebers nicht auf die im Wettbewerbsregistergesetz festgehaltenen Verstöße beschränken. Das Register dient der besseren Durchsetzung der Ausschlussgründe der §§ 123 f. GWB, ersetzt allerdings die Prüfung nicht vollständig. So kann ein öffentlicher Auftraggeber im Einzelfall auch sonstige Ausschlussgründe, etwa „schwere Verfehlungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit“ gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB in die Prüfung einbeziehen.

Eine Abfrage darf jedoch nicht willkürlich erfolgen. Abfrageberechtigt ist ein öffentlicher Auftraggeber daher nur, soweit auch eine konkrete Vergabeabsicht besteht. In der Regel werden somit nicht Informationen zu allen Bietern abgefragt werden können. Vielmehr wird ein öffentlicher Auftraggeber abwarten müssen, bis er das wirtschaftlichste Angebot ermittelt hat und eine Abfrage nur für den betreffenden Bieter vornehmen können. Zu Sammelabfragen wird es aufgrund der Sensibilität der gespeicherten Informationen daher voraussichtlich nicht kommen. Allerdings ist zu beachten, dass im Fall einer Bietergemeinschaft sämtliche daran beteiligte Unternehmen abgefragt werden müssen.

Nachprüfung der Abfrage durch andere Bieter?

In diesem Kontext stellt sich zudem die Frage, ob eine unterlassene Abfrage trotz bestehender Verpflichtung durch andere am konkreten Vergabeprozess beteiligte Bieter mittels Nachprüfung durchgesetzt werden kann. Dies liegt nahe, da Unternehmen gemäß § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch darauf haben, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Konkurrenten müssen im Rahmen eines Nachprüfungsantrags vortragen können, dass sie an dem konkreten Auftrag ein Interesse haben und die unterlassene Abfrage zu einem Schaden geführt hat. In aller Regel wird jedoch nicht die unterlassene Abfrage einen Schaden verursachen, sondern das Unterlassen des Ausschlusses gem. §§ 123 f. GWB. Das wird wiederum dazu führen, dass konkurrierende Bieter zumindest mittelbar eine Abfrage mit dem Argument erreichen können, dass bei erfolgter Abfrage ein Ausschluss vom Vergabeverfahren erfolgt wäre.

Fazit.

Öffentliche Auftraggeber werden wohl in aller Regel Einsicht in das Wettbewerbsregister nehmen, selbst wenn eine entsprechende Verpflichtung im Unterschwellenbereich nicht besteht. Die im Register eingetragenen Unternehmen werden sich aber nicht nur mit dem öffentlichen Auftraggeber auseinander setzen müssen. Um eventuelle Zuschläge an Mitbewerber zu verhindern, werden in aller Regel auch konkurrierende Bieter darauf achten, dass einer bestehenden Abfragepflicht auch nachgekommen wird.


Die Schwerpunkte von Dr. Michael Dallmann liegen im Bereich des deutschen und europäischen Kartellrechts einschließlich einer umfassenden Beratung in Kartellbußgeldverfahren.